Tag der deutschen Einheit im Stuttgarter Renitenz

Nein, es sind nicht die Scorpions, die das Lied zur deutschen Einheit singen, in Stuttgart bläst heute Abend nicht der Wind of Change, heute klingt das so: „Ich bin der Wind der Veränderung, ich lieb dich noch immer…“ Die Instrumente haben sich auch verändert, aus Gitarre, Bass und Schlagzeug sind Flügel und Akkordeon geworden, aber das Pfeifen ist fast original geblieben.

Statt der Skorpions spielen Sascha Bendiks und Simon Höneß Hardrockvarianten in es-Moll. Sie lieben den Hardrock und deswegen mögen sie die Scorpions nicht so sehr, den „ düsteren Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte des Hardrock“.


Umso mehr lieben sie AC/DC, da wird das Renitenz zur Teufelsküche, die Hell´s Bell schwebt über der Bühne, sie fällt zwar etwas kleiner aus als bei AC/DC und klingt etwas heller, aber der Saal brodelt, da geht der Hardrock, wie der Frontman Sascha Höneß erklärt, direkt ohne Umweg in den Bauch, da geht es nur noch um Sex, Drogen und Satanskult. Simon Höneß zerlegt fast den Flügel, T.N.T., Dynamite, der Saal brennt.

Aber die beiden können auch romantisch, bisher war Led Zeppelins Whole Lotta Love den Heavy Metal Fans auf französisch völlig unbekannt, aber französisch ist nun einmal die Sprache der Liebe und Sascha Bendiks und Simon Höneß wollen Brücken schlagen.

Wenn dann zu Smoke on the Water die Kastagnetten erklingen, wird´s allen warm ums Herz. Das ist Sasche Bendiks Rache an Satan und diese Rache ist unerbittlich!

Die zweite Halbzeit bestreitet Peter Vollmer, eine Herausforderung nach diesem fulminanten Auftritt, besonders wenn Mann sich in der Midlifecrises irgendwo zwischen Ironman und Pflegeheim befindet und dann auch noch mit, wie er betont, einer Frau verheiratet ist und zu allem Ãœberfluss auch noch eine kleine Tochter hat. Aber um diese Tochter kümmert er sich rührend, er sorgt auch für ihre kulturelle Bildung, geht z.B. mit ihr in Ausstellungen, letztens waren sie in ‚Körperwelten‘.

Um seinen eigenen Körper kümmert sich Peter Vollmer auch, nachdem alle sagen, wir sollen uns bewegen, tut er das auch wirklich wollen. Aber so ein „Lipizzaner auf Ecstasy“ wie der Nachbar möchte er nicht werden. Andererseits, wenn er sieht, wie die Nachbarin auf die engen Hosen, diese zweite Haut, schaut, wie die Claudia dem Rudi hinterherguckt, könnte er es sich ja schon überlegen.

Zur Gitarre wird es schwarz, Peter Vollmer besingt den Niedergang des Körpers: „Herzilein, du darfst nicht schwächlich sein“ oder „Muss i denn, muss i denn zum Klinikum hinaus, nur mein Raucherbein bleibt hier“.

Aber nicht nur mit dem Körper, auch mit der Technik, wo sich der Mann eigentlich zu Hause fühlen sollte, wird es immer schwieriger. Peter Vollmer schildert den allsamstäglichen Kampf gegen den Pfandflaschenautomaten, wie dieser sich stetig verweigert, eine bestimmte Flasche anzunehmen. Aber zum Glück gibt es ja heute Gruppen im Internet, dort können Männer ihre Erfahrungen mit Pfandflaschenautomaten austauschen und dort hat er gerade erfahren, dass es einen Automaten gibt, der die 0,25 Liter Fantaflasche annimmt. Ja, das sind die Glücksmomente des älter werdenden Mannes. Dem Publikum ist der Mann am Rande des Haltbarkeitsdatums sehr sympathisch!

Zum Abschluss lässt dann der Moderator Thomas Schreckenberger Gott erscheinen und erzählt, passend zum Tag der deutschen Einheit, wie es die Deutschen versemmelt haben, alle ins Paradies zu kommen und statt dessen dann doch lieber die Holländer genommen wurden.

Das Publikum war vom Moderator und den drei Künstlern begeistert, so gab es auch eine sehr weise Entscheidung, die in der Geschichte der Kabarettbundesliga einmalig ist: 100 Prozent Unentschieden!

Autor: Peter Schmidt

Bilder: Jürgen Hartlieb

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