Sieger der Kabarett-Bundesliga präsentieren sich in der Herborner Kulturscheune

Von Helmut Blecher Erschienen am 04.07.2019.

Wahrhaft denkwürdig war die große Show der Kleinkunst in der bis auf den letzten Platz besetzten Herborner Kulturscheune. Über vier Stunden dauerte die Siegershow der Kabarett-Bundesliga.

HERBORN – Wahrhaft denkwürdig war die große Show der Kleinkunst in der vollbesetzten Herborner Kulturscheune. Ãœber vier Stunden dauerte die Siegershow
der Kabarett-Bundesliga, die sich nach der zehnten Saison in eine Kreativpause verabschiedet. Spielleiter Theo Vagedes ließ Zahlen und Fakten Revue passieren: „1100 Spiele und 2038 Auftritte in zehn Jahren und erstmals die Siegerfeier nicht im Berlin, sondern in Herborn.“ Bevor er den Stab an den Moderator des Abends, den scharfzüngigen und wortgewandten Christoph Sieber übergab, spielten zur Einstimmung Jördis Tielsch und Band, der Pianist Tim Beckmann und die Chansonnette Maja Lührsen die Kabarett-Bundesliga-Erkennungsmelodie.

Christoph Sieber fand es einfach toll, bei der „Elite des Kabarettpublikums“ zu sein, der er von Beginn an tüchtig einheizte. Mores lehrte er der CDU, die über eine Zukunft redet, die sie nicht mehr hat. Den Deutschen im Allgemeinen warf er Trägheit vor („Wir wollen lieber liegenbleiben und trotzdem vorwärtskommen“) und der Menschheit ein gehöriges Maß an Dummheit: „Die Erde ist eine Scheibe und wir werden regiert von Echsen, die die Gestalt von Menschen angenommen haben.“ Der Kabarettist aus dem Schwäbischen geizte nicht mit Kritik an einer Welt, die geteilt ist zwischen denen wenigen da oben und den vielen ganz unten.

Doch Sieber musste sich beeilen, um „50 Künstler aus 60 Ländern“ anzukündigen: „Bis Anfang August muss ich durch sein, dann gehe ich in Urlaub.“ Nun, schon kurz vor Mitternacht ging die Show der Superlative mit zahlreichen SchlumpeweckGewinnern zu Ende, die von den Schweizern „Les Papillons“ eröffnet wurde. Grandios, furios spielten sie sich in Klassik-Manier schmachten durch zahlreiche Pop-Klassiker, denen sie mit Klavier und Geige die Sporen gaben. Johannes Scherer babbelte sich anschließend durch die Erlebnisse seiner Kindheit, um am Ende mit Eifer über das aktuelle Zeitgeschehen und seine Unmoral zu wettern, der es an Moral und Mitmenschlichkeit fehle.
Gut geregelt war der Auftritt des Leipziger Akustik-Popduos „ByeBye“, die sich als fünftplatzierte der Kabarettmeisterschaft mit nicht ganz ernst gemeinten Sehnsucht- Liedern präsentierten, während die mit ihren üppigen Rundungen kokettierende Hildegard Schulte, die den sechsten Platz belegte, sich als Meisterin des Momentes und Liebhaberin der kleinen Augenblicke dem Publikum empfahl. Mit vollem Körpereinsatz und einem außergewöhnlich facettenreicher Mimik stellten sich Blömer & Tillack vor, die auf den vierten Platz landeten. Ihren Kurzauftritt krönten sie mit einem fast echten Tweet zwischen Donald Trump und Kim Yong-un.
Piano und E-Gitarre dominieren bei Tim Beckmann und Markus Griess, die mit musikalischer Power und theatralischer Grandezza die Titanic versenkten. Und Musik war auch anschließend Trumpf als Jördis Tielsch auf der Violine den irischen Folk-Klassiker „Toss The Feathers“ zum Besten gab. Lars Redlich und Tino Honegger sangen und spielten sich hochprofessionell – auch kostümiert als „das grüne Gras hinten links“ im Musical „Der König der Löwen“ – in die Herzen des Publikums. Witzig, pointiert, und teilweise bitterböse war der Slam-Poet Philipp Scharrenberg, der Heinz Erhardts Gedicht von der Made weiterdichtete und sich darüber hinaus im Lied „Kann den Liebe Syntax sein“ als philosophischer, auf die richtige Grammatik achtender Klugscheißer empfahl. Weiter ging es mit Platz drei, den der wortgewandte Kabarettist Bumillo erhielt, der es bei seinem Kurzauftritt verstand, das aktuelle gesellschaftspolitische Geschehen mit bissigen Kommentaren und trefflicher Poesie kommentierte. Jakob Heymann, der Platz zwei belegte, brillierte nicht nur mit seiner unter die Haut gehenden Stimme, sondern auch als Entertainer, der seine Zuhörer zum mitsingen und mitpfeifen animieren kann, ohne das es peinlich wirkt. Sein alles andere als depressiv stimmendes Lied über den Tod eines Schnulzensängers war, begleitet von theatralischer Mimik ein echter Knaller.
Für einen weiteren Knalleffekt sorgte schließlich der Gewinner der Deutsche Kabarettmeisterschaft, Martin Schmitt. Der vor Selbstbewusstsein strotzende Boogie-Woogie-Zampano, zeigte zu Recht, das ihm der Titel gebührte. Seine Lieder, seine Texte, seine Jokes, die er mit Charme und geballtem Klavierkabarett unters Volk brachte, waren einfach unwiderstehlich gut. Mit seiner sächsischen Version von „Sexbomb“ und seinem Lied über die Midlife Crisis, ließ er das Publikum schier atemlos zurück.

Am Ende gab’s von Theo Vagedes für die Sieger Plaketten und Pokale und für die Ausrichter der Deutschen Kabarettmeisterschaft sowie für das Team der Kulturscheune rote Rosen.

Den tollen Abend hielten unsere KBL Fotografen „Gerd Fabritius“ und „Thomas Kolwe“ in Bildern fest.

 

 

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