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Stuttgarts letzter Spieltag

Für Stuttgart ist dieser Sonntagabend das Saisonende, das grandiose Ende einer spannenden Saison. Der Abend beginnt mit einer Überraschung, wir erwarten unseren Stuttgarter Moderator Christian Langer und wer tritt auf? Der Bundestrainer Theo Vagedes! Er lässt sich mehrfach vom Publikum mit einem tosenden „Hallo Trainer“ willkommen heißen. Und er kündigt an, dass heute der Gastspieler Sven Görtz den erkrankten Andreas Krenzke vertritt. Das Publikum darf also heute nicht werten, sondern einfach den Abend genießen.

Sven Görtz stammt aus dem Westerwald und lebt in Gießen, keine einfache Konstellation, er fühlt sich als Teilzeithesse mit Migrationshintergrund. Zu alledem ist sein Sternzeichen auch noch Skorpion – ebenso wie der Aszendent – wenn das nicht ein schweres Schicksal ist. Der Klang der Sprache ist Görtzs Metier, wie klingt westerwäldlerisch, wie klingen da Lust und Frust einer Ehe? Wie klang Ovid? Wenn man Görtz glauben darf, sehr nach einem italienischen Gigolo, der viel von der Liebeskunst versteht, von der Fortuna mit der Frau und der wertvolle Tipps zum Thema gibt. Aus dem Gigolo wird ein Liedermacher, der bedeutungsschwer über das Nichts singt. Blitzschneller Wechsel mit Direktschaltung zum Kongress „Zukunftsangst und Zukunftsperspektiven“, der Sound stimmt. Und Wechsel, und nun haben wir einen Märchenerzähler vor uns, der auch hier den treffenden Ton findet, warm und einfühlsam von den kleinen Königen und der großen Königin Angela erzählt. Zur Hochform läuft Görtz auf, als von der Konferenz zur Eurorettung leider nur der Originalton ohne Übersetzung und ohne Untertitel übertragen werden kann. Wir hören nacheinander viele europäischen Sprachen so überzeugend, dass wir sogar meinen, etwas zu verstehen. Optimistisch gestimmt „Wir haben alles schon gesehen, die einen kommen, die andern gehen, das Leben bleibt schön“ schickt uns Görtz in die Pause.

Die zweite Hälfte bestreitet Stefan Waghubinger, was heißt bestreitet, er sitzt am Tisch, trinkt Bier und erzählt so vor sich hin, vor allem über den Ärger mit seiner Frau. Souverän breitet er eine kleine, etwas spießige, nicht unsympathische Welt aus, die sofort total gefangen nimmt. Wir verstehen ihn nur allzu gut, wer versteht schon, was da eigentlich so vor sich geht in so einer Beziehung. Aber Waghubinger kann sich die Welt schon erklären, im Kleinen wie im Großen, er deutet an, wir verstehen. Wir verstehen, dass er große Probleme mit seiner Frau hat, er versteht sie eben nicht, obwohl er ein modernen Mann ist, der versucht, Gefühle zu zeigen, die er weder hat, noch versteht. Wir verstehen, dass es ein großes Problem ist mit dem Meeresspiegel, dass wenn Holland versunken ist, die Tulpen teurer werden und dass das ja gar nicht das einzige Problem ist. Ja, da sind ja auch noch die Chinesen, die so anders sind als wir, die essen ja schon von klein auf diese Glückskekse, die sind einfach schlauer. Wenn Adam und Eva Chinesen gewesen wären, gäb es jetzt überhaupt keine Probleme, wir hätten das Paradies, die hätten nämlich nicht den Apfel, sondern die Schlange gevespert. Zum Schluss wird auch Waghubinger versöhnlich, er tröstet uns damit, dass auch er nicht alles bekommt, was er sich wünscht, erklärt, wie er an Weihnachten das Alte Testament, das Neue Testament, die ganze Kirchengeschichte bis zu Papst Benedikt XVI vorliest und dann feststellt, dass dies alles geschehen ist, damit er jetzt ein Duschgel zu Weihnachten bekommt.

So endet die Stuttgarter Saison mit einem großartigen Kabarettisten, der mit Preisen geradezu überschüttet wird, wir werden von ihm hören! Die nächste Saison startet in Stuttgart am 3.10. wie gewohnt im Renitenztheater.

(Peter Schmidt)

Jürgen Hartlieb hat den Abend in Bildern festgehalten …


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